Judo-Verbot für blinden Jungen

SPORT Verband lässt neunjährigen Michel nicht bei Meisterschaften mitmachen.

  Bild Judoverbot für blinden Jungen

OLDENBURG - Michel hat manchmal keinen Spaß mehr am Judo. Der Neunjährige ist blind, aber begeistert beim Training dabei. Die vielen körperbetonten Übungen meistert er auf der Matte genauso gut wie seine sehenden Vereinskameraden beim OTB.
 
Aber bei offiziellen Wettkämpfen um die Bezirksmeisterschaft darf er nicht antreten. Die Regeln lassen es nicht zu. Seine Mutter Claudia Behrends kann das nicht fassen: „Alle reden von Integration. Aber keiner will es wirklich“, sagt die Mutter. Bei den Meisterschaften im vergangenen Jahr wurde Michel sogar regelrecht gedemütigt. Der Neunjährige fuhr zum Wettkampf in der Annahme, er dürfe antreten. „Von den Kampfrichtern wurde er dann nur bloßgestellt“, erzählt Claudia Behrends. Michel wurde gefragt, ob er seinen Gegner sehen könnte, um zu beweisen, dass er nicht mitmachen kann.
 
Regeln nicht zu ändern
In diesem Jahr gab es bereits im Vorfeld eine offizielle Absage vom Deutschen Judo-Bund. Die Regeln seien eindeutig: Judokämpfer dürfen sich vor dem Wettkampf nicht berühren. Blinde Judoka, die bei den Paralympics teilnehmen, fassen sich vorher ans Revers, um zu erkennen, wo der Gegenüber steht.
„Wir können die Regeln nicht für einzelne ändern“, sagt Stephan Bode, Bundes-Kampfrichterreferent des Deutschen Judo-Bundes. Es gibt spezielle Wettkämpfe für Blinde und an denen dürften Sehende nicht teilnehmen. „Gegen wen soll er denn dann antreten?“, fragt seine Mutter verärgert. Sie wünscht sich einfach ein bisschen Flexibilität in diesem Fall.
Der Deutsche Judo-Bund argumentiert mit der Verletzungsgefahr. „Wir vom Verband haben Angst davor, dass etwas passiert. Natürlich kann es für einen blinden Kämpfer gefährlich sein. Es kann ja niemand dem Gegner verbieten, zum Beispiel plötzlich von hinten anzugreifen“, sagt Stephan Bode.
Michels Judo-Trainer beim OTB, Axel Schuler, sieht das anders: „Die Verletzungsgefahr ist genauso gering, wie bei allen anderen auch.“ Von seinen Fähigkeiten stände einer Teilnahme an Wettkämpfen nichts im Wege. Es stehen nur die Regeln im Wege. Würde er sich qualifizieren, können andere Kinder Einspruch einlegen. In Bremen sah man das nicht so eng. Dort durfte Michel schon bei Turnieren starten. Aber der Präsident des Judo-Bundes, Peter Frese, ist auf Michels Fall aufmerksam geworden.
 
Training für Michel
Deshalb kommt Frese am 15. November nach Oldenburg und trainiert Michel und seine Vereinspartner. Doch wenn an diesem Sonnabend seine Klubkameraden um die Bezirksmeisterschaft kämpfen, ist er nicht dabei. Und so hofft Michel, dass der Verbandspräsident ihn zumindest im nächsten Jahr mitkämpfen lässt.
 
Handelt der Judoverband richtig ?  
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Bild Michel beim Training im Judoanzug
Quelle: Nordwest-Zeitung Oldenburg 31.10.2009 Seite 33 + 35  Bild: Gerards